Georg Rodolf Weckherlin
Drunckenheit

Kont jhr mich dan sunst gar nichts fragen /
Jhr herren / meine gutte freind /
Dan was ich Euch könd newes sagen /
Wie starck vnd wa jetzund der feind?
   Jch bit (doch wollet mir verzeihen)
Mit fragen nicht zu fahren fort /
Dan sunsten will ich Euch verleyhen
             Kein einig wort.

Jch red nicht gern von schmähen / tröwen /
Von Krieg / brunst / raub / vnglick vnd noht /
Sondern allein / vns zu erfrewen /
Von guttem Wildbret / Wein und Broht.
   Den man der Wein mit lieb entzindet /
Vnd das broht stärcket jhm den Leib /
Daß Er das Wildbret besser findet
             Bey seinem Weib.

So lang zu reden / lesen / hören /
Vnd mit dem haupt / hut / knüh / fuß / hand /
Gesanten / Herren / König ehren
So lang zu sprachen an der wand;
   So lang zuschreiben vnd zu reden
Von Gabor / Tilly / Wallenstein /
Von Franckreich / Welschland / Denmarck / Schweden /
             Jst eine pein.

Darumb fort / fort mit solchem trawren /
Daß man alßbald bedöck den Tisch /
Vnd keiner laß die müh sich dawren /
Wan Wein / Broht / Fleisch vnd alles frisch;
   Der erst bey tisch sol der erst drincken /
So / Herren / wie behend? wolan /
Schenck voll / die Fraw thut dir nicht wincken
             Nu fang ich an.

Ho! Toman / Lamy / Sering / Rumler /
Es gilt Euch / diser muß herumb /
Jch weiß / jhr seit all gutte Tumler /
Vnd liebet nicht was quad vnd krumb /
   Dan nur das / so man kaum kan manglen /
Die weiber wissen auch wol was /
Gedenckend alßbald an das anglen /
             Auß ist mein Glaß.

Nim weg von meinem Ohr die feder /
Gib mir dafür ein Messer her;
Ho / Schweitzer / Kotz Kreutz / zeuch von leder
Vnd Schweitzer gleich streb nu nach ehr;
   Wolan / jhr dapfere Soldaten
Mit vnverzagtem frischen muht /
Waget zu new vnd freyen thaten
             Nu fleisch und blut.

Feind haben wir gnug zu bestreitten
Jn dem Vortrab vnd dem Nachtrab /
Nu greiffet an auf allen seitten /
Vnd schneidet köpf vnd schenckel ab:
   Jndem sich straich / schnit / biß vermischen /
Vnd der Nachtrab mag hitzig sein /
So ruf ich stehts / Euch zuerfrischen;
             Ho! Schenck vns ein.

Sih / wie mit brechen / schneiden / beissen /
Dem lieben feind wir machen grauß!
Laß mich das Spanfärlein zerreissen /
Stich dem Kalbskopf die augen auß:
   So / so / wirf damit an die Frawen /
Die / wan sie schon so süß vnd milt /
Doch könden hawen vnd auch klawen:
             Es gilt / Es gilt.

Wan die Soldaten vor Rochellen /
Wan die Soldaten vor Stralsund
Die Mawren könten so wol fällen /
Als hertzhafft wir zu diser stund
   Nu stürmen wöllen die Pasteyen /
Jch sag die starck wildbret pastet /
So würden sich nicht lang mehr freyhen
             Die Beede stät

Frisch auf / wer ist der beste Treffer?
Ha / ha! frisch her! Ho / ich bin wund
Das pulver ist von saltz vnd pfeffer /
Ho! die brunst ist in meinem mund:
   Doch sih / es hat Euch auch getroffen;
Zulöschen muß es nicht mehr sein
Gedruncken / sondern starck gesoffen /
             So schenck nur ein.

Durch disen Becher seind wir siger /
So sauff herumb knap / munder / doll /
Drinck auß / Es gilt der alten schwiger /
Jch bin schon mehr dan halb / gar / voll;
   Darumb so laß den Käß her bringen /
Kom küß / so küß mich artlich / so:
Laß vns ein Lied zusamen singen /
             Hem hoscha ho!

Die Schwäblein / die so gar gern schwätzen /
Jn Thüringen dem dollen Land /
Frässen ein Rad für eine Bretzen
Mit einem käß auß Schweitzerland:
   Jn vnsrer hipschen Frawen namen /
Schwab / Schweitzer / Thüringer / Franzoß /
So singet frölich nu zusamen /
             Kom küß mich / Roß.

O daß die Schweitzer mit den Läzen /
Die Schwaben mit dem Leberlein /
Die Welschen mit den frischen Mezen
Die Thüringer mit Bier und Wein
   Jn jhrer hipschen Frawen Namen
Ein jeder frölich / frisch herumb
Sing / spring vnd drinck: vnd allzusamen /
             Küß mich widrumb.

Nu schenck vns ein den grossen Becher /
Schenck voll / so / ho! jhr liebe freind /
Ein jeder guter Zecher / Stecher /
So oft als vil Buchstaben seind
   Jn seines lieben Stechblats Namen
Hie disen gantz abdrincken soll /
Jch neunmahl / rechnet ihr zusamen /
             Es gilt gantz voll.

Wol / hat ein jeder abgedruncken /
Drey / fünf / sechs / siben / zehenmahl?
Ist dises käß / fisch oder schüncken /
Ist dises pferd graw oder fahl /
   Darauf ich schwitz? Gib her die flaschen!
Es gilt Herr Grey / Herr Gro / Gro / Groll.
So / dise wäsch wirt wol gewaschen /
             Seit jhr all Doll?

Ho! seind das Reutter oder Mucken?
Buff / buff / es ist ein Hafen-käß;
Zu zucken / schmucken / schlucken / drucken /
Warumb ist doch der A. das Gsäß?
   Pfuy dich / küß mich / thust du da schmöcken?
Wer zornig ist / der ist ein Lump /
Hey ho! das ding die Zähn thut blöcken;
             Bumb bidi bump.

Ha! duck den kopff / scheiß / beiß / Meerwunder.
Nu brauset / sauset laut das Meer;
Ein regen / hagel / blitz vnd dunder /
Hey / von Heyschrecken ein Kriegsheer.
   Ho! schlag den Elefanten nider /
Es ist ein storck / ha nein / ein lauß /
Glick zu / gut nacht / kom küß mich wider /
             Das liecht ist auß.

Alßdan vergessend mehr zu drincken
Sah man die Vier / wie fromme schaf /
Zu grund vnd auff die Bänck hin sincken /
Beschliessend jhre frewd mit schlaf:
   Vnd indem sie die zeit vertriben /
hat disen seiner freinden Chor
Alßbald auff dise weiß beschriben
             Jhr Filodor.



tröwen = drohen / sprachen = sich unterrreden / Gabor = Gábor Bethlen, Fürst von Siebenbürgen, im 30jährigen Krieg auf protestantischer Seite / Welschland = Italien / dawren = gereuen / der erst drincken = als erster trinken / Toman / Lamy / Sering / Rumler = Freunde W.s in London / quad = verkehrt, böse / Schweitzer = Toman / Spanfährlein = Spanferkel / klawen = kratzen / Roschellen = La Rochelle, 1628 von Richelieu erobert / Strasund = 1628 von Wallenstein erfolglos belagert / Pasteyen = Basteien / strack = gewaltige, mächtige / freyhen = freuen / Schwiger = Schwiegermutter / bretzen = Bretzel / Roß = Rose / lätzen = Hosenlätzen / Leberlein = Leber / Metzen = Huren / Stechblats = Handschutz beim Degen / schuncken = Schinken / storck = Storch.
 




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