David Friedrich Strauß | Der Hausgarten

Dies Büchlein mit Gedichten ist mein Hausgarten,
Worin ich früh und abends gern herumwandle,
Das Aug' im Grünen bade, reine Luft trinke
Und an den kleinen Beeten mir zu tun mache.
Bald Blumensetzling' in den lockern Grund senk ich,
Bald lab' ich durst'ge Wurzeln aus der Gießkann,
Bald mit dem Messer oder mit der Baumsäge,
Was krumm wächst oder allzu struppig, ausmerz ich.
Ich liebe nicht die künstlich warmen Treibhäuser,
Nicht Azaleen oder andere Prachtblumen;
Mein Sinn ist, ich gesteh es, etwas altmodisch;
Er geht auf Rosen, aber nur auf einfache,
Auf braune Nelken, deren Duft das Hirn stärket,
Auf Silberlilien, deren Hauch das Herz reinigt.
In meinem Gärtchen ragen keine Felsberge,
Noch rauschen alte, riesenstämmige Steineichen;
Nur Haselsträucher schatten niedern Ruhbänken
Und dort die junge Linde meinem Schenktischchen.
Auch eine Geißblattlaube ließ ich einrichten;
Doch meid ich sie, die wohl ein Liebespaar bärge,
Und ich bin einsam und soll einsam auch bleiben.
Wen ich mir in die Laube wünschte, wohl weiß ich's,
O Götter habt ihr Ohren, Herzen? Wie könnt ihr
Was ihr doch für einander schuft, getrennt halten.
  
 
 

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