Albrecht Goes
Ein Wort zu Georg von der Vring

Das Prädikat Ein großer Dichter verleiht erst die Nachwelt - vielleicht.
Aber die Zeitgenossen, die einem Werk verbunden sind, können begründen, warum sie einen der ihren für einen wirklichen Dichter halten.
Ich lernte Georg von der Vring in den dreißiger Jahren in Stuttgart kennen und wurde sogleich ein Verehrer seines lyrischen Werks. Seine Verse haben Gewicht und Leichtigkeit, Melodie und Gestalt, Anmut und Tiefe. Sie schwatzen nicht; sie flunkern nicht. Sie schweben wie dunkle Vögel in des Herbstes Lüfte.
Wir hatten wechselseitig Sinn füreinander Ich habe - in meiner Eigenschaft als württembergischer Pfarrer - seine zwei Söhne getauft.
Später kamen wir durch ein Mißverständnis, zu dem ich nichts beitrug, auseinander Ich verlor ihn aus den Augen. Das änderte aber nichts an meiner Bewunderung für seine Gedichte.
Hier sechs Zeilen von Georg von der Vring:

Nacht ohne dich.
Wer wird mein Herz bewahren?
Der Mond erblich
Die Vogelwolken fahren.
Vorüberstrich
Ein Schwarm von schwarzen Jahren.
Ach, hätte ich das geschrieben!

Stuttgart, im Dezember 1989

Im Schleier verregneter Gärten. Zum 100. Geburtstag von Georg von der Vring, Katalog zur Ausstellung, Schorndorf 1990.





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