Das Prädikat Ein großer Dichter
verleiht erst die Nachwelt - vielleicht.
Aber die Zeitgenossen, die einem Werk
verbunden sind, können begründen, warum sie einen der ihren für
einen wirklichen Dichter halten.
Ich lernte Georg von der Vring in den
dreißiger Jahren in Stuttgart kennen und wurde sogleich ein Verehrer
seines lyrischen Werks. Seine Verse haben Gewicht und Leichtigkeit, Melodie
und Gestalt, Anmut und Tiefe. Sie schwatzen nicht; sie flunkern nicht.
Sie schweben wie dunkle Vögel in des Herbstes Lüfte.
Wir hatten wechselseitig Sinn füreinander
Ich habe - in meiner Eigenschaft als württembergischer Pfarrer - seine
zwei Söhne getauft.
Später kamen wir durch ein Mißverständnis,
zu dem ich nichts beitrug, auseinander Ich verlor ihn aus den Augen. Das
änderte aber nichts an meiner Bewunderung für seine Gedichte.
Hier sechs Zeilen von Georg von der Vring:
Nacht ohne dich.Ach, hätte ich das geschrieben!
Wer wird mein Herz bewahren?
Der Mond erblich
Die Vogelwolken fahren.
Vorüberstrich
Ein Schwarm von schwarzen Jahren.
Stuttgart, im Dezember 1989
Im Schleier verregneter Gärten. Zum 100. Geburtstag von Georg von der Vring, Katalog zur Ausstellung, Schorndorf 1990.