Reinhard Döhl | Prosa
Jemand liest daß Karl Marx schreib daß Hegel irgendwo bemerke.
Ein Traktat

Jemand liest daß Karl Marx schreibt | Ernesto Che Guevara schreibt | Stokely Carmichael schreibt | Mao Tse-Tung schreibt | Josef Stalin schreibt | Leo Trotzki schreibt | Lenin schreibt | Friedrich Engels schreibt | Jemand liest daß Karl Marx schreibt
 

In einer Zeit so allgemeiner Aufregung und Staatsumwälzung wie die unsrige ist es natürlich, daß die Politik den Text fast aller Gespräche und Unterhaltung bildet. [C.F.L Hoffmann in: Vollständiges politisches Taschenwörterbuch Ein Handbuch zur leichten Verständigung der Politik. Leipzig 1849]
Jemand liest daß Karl Marx schreibt daß Hegel irgendwo bemerke, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen / daß die deutsche sozialistische Literatur von Monat zu Monat schlechter werde / daß es nicht wenige Sozialdemokraten gebe, die bei jeder Niederlage jedes Gespräch über die höheren und hohen Ziele der Arbeiterbewegung mit dem Hinweis auf den unzureichenden Grad unseres Einflusses auf die Massen geringschätzig abwehren / daß die Theorie der permanenten Revolution jetzt von jedem Marxisten die größte Aufmerksamkeit erfordere / daß der historische Materialismus die Ausdehnung der Leitsätze des dialektischen Materialismus auf die Erforschung des gemeinschaftlichen Lebens sei / daß im Klassenkampf gewisse Klassen siegen, während andere vernichtet werden, und daß das der Lauf der Geschichte, der Geschichte der Zivilisation seit Tausenden von Jahren sei / daß vor 1966 diejenigen, die den Kampf anführten, anstatt die Macht zu verlangen, Parolen ausgaben, die die Situation nicht sprengten / daß die Moral der Leute gut sei und es nur kleine Probleme gebe

Ernesto Che Guevara schreibt, daß jetzt die eigentliche Guerilla-Etappe beginne und die Zeit zeigen werde was sie leisten könne und was für Aussichten die Revolution habe / daß die Menschen ihre eigene Geschichte machen, aber daß sie sie nicht aus freien Stücken unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorhandenen, gegebenen und überlieferten Umständen machen / daß die deutsche sozialistische Literatur sich immer mehr auf die breiten Expektorationen jener wahren Sozialisten beschränke, deren ganze Weisheit sich auf ein Amalgam deutscher Philosophie und deutsch-biedermännischer Sentimentalität mit einigen verkümmerten kommunistischen Stichwörtern belaufe / daß es zwecklos sei, von der Rolle der Sozialdemokratie als Avantgarde in der Revolution zu reden / daß die volle und wirkliche Lösung ihrer demokratischen Aufgabe und des Problems ihrer nationalen Befreiung nur denkbar sei mittels der Diktatur des Proletariats / daß der historische Materialismus die Anwendung der Leitsätze des dialektischen Materialismus auf die Erscheinungen des Lebens und der Gesellschaft sei / daß in der Klassengesellschaft jeder Mensch in einer bestimmten Kassenlage lebe, und daß es keine Ideen gebe, die nicht den Stempel einer Klasse trügen / daß vor 1966 diejenigen, die den Kampf anführten, Liebe, Gewaltlosigkeit, den Frieden forderten

Stokely Carmichael schreibt, daß es ein politischer Grundsatz sei, daß derjenige, der Veränderung wolle, weder Liebe, noch Gewaltlosigkeit oder Moral brauche, sondern Macht / das die nächste Etappe die des Kampfes und der Entscheidung sein werde / daß der Anfänger, der eine neue Sprache erlernt habe, sie immer zurück in seine Muttersprache übersetze / daß die deutsche sozialistische Literatur eine Friedlichkeit zur Schau trage, die es ihr sogar möglich mache, unter Zensur ihre tiefste Herzensmeinung zusagen / daß für jede lebendige und mit dem Leben eng verbundene Partei Selbstkritik zweifellos unbedingt notwendig und nichts abgeschmackter sei als selbstgefälliger Optimismus / das ohne ein Bündnis des Proletariats mit der Bauernschaft die Aufgaben der demokratischen Revolution nicht nur nicht gelöst werden könnten, sondern auch nicht ernsthaft gestellt würden / daß man unter Dialektik im Altertum die Kunst verstand, durch Aufdeckung der Widerprüche in den Urteilen des Gegners und durch Überwindung dieser Widersprüche zur Wahrheit zu gelangen / daß eine Revolution kein Gastmahl sei, kein Aufsatzschreiben, kein Bildermalen und Deckchensticken

Mao Tse-Tung schreibt daß die gesellschaftlichen Veränderungen in der Hauptsache von der Entwicklung der Widersprüche innerhalb der Gesellschaft abhingen / daß die Kapitalisten der Vereinigten Staaten, die bereits das Land beherrschten, sich entschlossen hätten, um dem unausweichlichen Klassenkonflikt ausweichen zu können, die Länder der Dritten Welt auszubeuten / daß die Lage nicht gut sei, doch daß jetzt für die Guerilla eine neue Phase der Erprobung beginne / daß die Totenerweckungen in jenen Revolutionen dazu dienten, die neuen Kämpfe zu verherrlichen, nicht die alten zu parodieren, den Geist der Revolution wiederzufinden, nicht ihr Gespenst wieder umgehen zu machen / daß selbst die deutsche Polizei wenig an der deutschen sozialistischen Literatur auszusetzen finde / daß nichts berechtigter sei als Hinweise auf die ständige, unbedingte Notwendigkeit der Vertiefung und Erweiterung, der Erweiterung und Vertiefung unseres Einflusses auf die Massen / daß die Verwirklichung des revolutionären Bündnisses zwischen Proletariat und Bauernschaft nur denkbar Sei unter der politischen Führung der proletarischen Avantgarde / daß die dialektische Methode verlange, daß die Erscheinungen nicht nur vom Standpunkt ihres gegenseitigen Zusammenhangs und Bedingtseins, sondern auch vom Standpunkt ihrer Bewegung, vom Standpunkt ihres Entstehens und Vergehens betrachtet würden

Josef Stalin schreibt, daß für die dialektische Methode nicht vor allem das wichtig sei, was im gegebenen Augenblick als fest erscheine, jedoch bereits abzusterben beginne, sondern das, was entstehe und sich entwickle / daß die Entwicklung der Widersprüche die Gesellschaft vorwärtstreibe und den Impuls für die Ablösung der alten Gesellschaft durch eine neue gebe / daß die weiße Arbeiterklasse, nachdem sie ein integranter Bestandteil des Systems geworden sei, für dessen Bestand kämpfen müsse / daß wenn man die zwangsläufigen Unsicherheiten der Guerilla einkalkuliere, der Monat normal verlaufen sei / daß man in keiner Periode ein bunteres Gemisch von überfliegenden Phrasen und tatsächlicher Unsicherheit und Unbeholfenheit finde, von mehr scheinbarer Harmonie der ganzen Gesellschaft und von tieferer Entfremdung der Elemente, woraus sie bestehe / daß die wahren Sozialisten von den französischen Kommunisten gelernt hätten, daß der Übergang von der absoluten Monarchie zum modernen Repräsentativstaat keineswegs die Not der großen Masse des Volkes aufhebt / daß in hohem Grade der ganze Sinn unserer strengen Absonderung zu einer besonderen selbständigen Partei des Proletariats darin bestehe, daß wir stets und unentwegt die marxistische Arbeit leisten, um nach Möglichkeit die ganze Arbeiterklasse auf das Niveau des sozialdemokratischen Bewußtseins emporzuheben / daß historisch betrachtet die alte Parole demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft ein Ausdruck des Verhältnisses zwischen Proletariat, Bauernschaft und liberaler Bourgeoisie sei

Leo Trotzki schreibt, daß das Bestreben der Komintern, den Ländern des Ostens heute die von der Geschichte längst und endgültig überholte Losung der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft aufzuzwingen, nur eine reaktionäre Wirkung haben könne / daß sich aus der dialektischen Methode ergebe, daß der Entwicklungsprozeß nicht als Kreisbewegung, nicht als einfache Wiederholung des Früheren, sondern als fortschreitende Bewegung, als Bewegung in aufsteigender Linie, als Entwicklung von Einfachem zu Kompliziertem, von Niederem zu Höherem aufgefaßt werden müsse / daß der Marxismus sich unbedingt vorwärts entwickeln müsse, daß er mit dem Fortschreiten der Praxis sich weiterentwickeln müsse, daß er nicht stillstehen dürfe / daß die weißen Arbeiter nicht eher Seite an Seite mit den schwarzen arbeiten würden, als bis sie ein revolutionäres Bewußtsein entwickelt hätten / daß jetzt die Etappe komme, in der der Terror von beiden Seiten - allerdings unter verschiedenen Vorzeichen - auf die Bauern ausgeübt werde / daß sich die alten Mächte der Gesellschaft gruppiert, gesammelt, besonnen hätten und eine unerwartete Stütze an der Masse der Nation, den Bauern und Kleinbürgern, fanden, die alle auf einmal auf die politische Bühne stürzten / daß es hohe Zeit sei, daß die deutschen Kommunisten sich aufs allerentschiedenste trennten von jener literarischen Clique, die selbst nicht wisse, wen sie repräsentiere, die den Menschen zu realisieren glaube und nichts realisiere als die Vergötterung des deutschen Bürgerjammers / daß man die Klasse der Lohnarbeiter zu Kämpfern für die Befreiung der ganzen Menschheit von jeder Unterdrückung erziehen müsse

Lenin schreibt, daß man es verstehen müsse, zu den rückständigsten, unentwickeltsten, von unserer Wissenschaft des Lebens am wenigsten berührten Vertretern dieser Klasse Zugang zu finden / daß die demokratische Revolution unmittelbar in die sozialistische hineinwachse und dadurch allein schon zur permanenten Revolution werde / daß es klar sei, daß jede gesellschaftliche Ordnung und jede gesellschaftliche Bewegung in der Geschichte nicht vom Standpunkt irgendeiner vorgefaßten Idee einzuschätzen sei / daß wir noch einen langwierigen Kampf gegen die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Ideen zu führen haben werden / daß Black Power damit beginnen müsse, an die Kultur der schwarzen Rasse in der ganzen Welt zu appellieren, weil die imperialistischen Mächte den afrikanischen Kontinent tief verletzt haben, uns in der ganzen Weit verstreut haben, unserer Kultur, unserer Sprache beraubt, unseres Erbes bestohlen und weil sie uns unsere Würde genommen haben / daß die dringendsten Aufgaben noch dieselben wie im letzten Monat seien: Wiederherstellung der Kontakte, Eingliederung von Mitkämpfern, Versorgung mit Medikamenten und Proviant / daß proletarische Revolutionen sich fortwährend in ihrem eigenen Lauf unterbrechen, ihren Gegner nur niederzuwerfen scheinen, damit er neue Kräfte aus der Erde sauge und sich riesenhafter ihnen gegenüber wieder aufrichte, bis die Situation geschaffen sei, die jede Umkehr unmöglich mache / daß die revolutionäre Hitze der französischen Proletarierpolemik in der kühlen Brust der deutschen Theoretiker zur lauen Zensurmäßigkeit herabgeschwunden und in diesem Zustande der Entmannung den deutschen Regierungen ein ganz willkommener Bundesgenosse gegen die andrängende Bourgeoisie gewesen sei

Friedrich Engels schreibt, daß die deutsche sozialistische Literatur von Monat zu Monat schlechter werde / daß - wenn jemand anfangen wollte, die unsicheren, zweifelhaften, engen Resultate des höheren Wissens den festen, tiefen, breiten und soliden Resultaten der Elementarschule entgegenzustellen - er eine unglaubliche Kurzsichtigkeit an den Tag legen würde / daß in der Zeit der Revolution diejenige Literatur notwendig und fortschrittlich sei, die den Zusammenschluß der Werktätigen im Kampf gegen die Ausbeuter fördere / daß man den Schlüssel zur Erforschung der Gesetze der Geschichte der Gesellschaft nicht in den Köpfen der Menschen, nicht in den Anschauungen und Ideen der Gesellschaft suchen dürfe, sondern in der Produktionsweise suchen müsse / daß - da unsere Literatur und Kunst grundsätzlich den Arbeitern, Bauern und Soldaten dienen sollen - Popularisierung bedeute, sie unter diesen Menschen zu verbreiten, während Hebung des Niveaus bedeute, von deren Niveau aus emporzusteigen / daß, wenn ich zur Oberschule ginge, ich lernen möchte, wie ich eine gute Putzfrau, ein guter Träger, ein gutes Dienstmädchen, ein guter Zuhälter, eine gute Prostituierte, ein guter Lehrer, ein guter Priester werde / daß die Voraussetzungen dieselben wie im letzten Monat seien, nur daß jetzt die Armee wirklich mehr Tatkraft in ihren Aktionen zeige und die Masse der Landbevölkerung sich in Verräter verwandle / daß ein Anfänger den Geist der neuen Sprache sich nur angeeignet habe und frei in ihr nur zu produzieren vermöge, sobald er sich ohne Rückerinnerung in ihr bewege und die ihm angestammte Sprache in ihr vergesse

Jemand liest daß Karl Marx schreibt daß Hegel irgendwo bemerke... [da capo al fine]

ã by the author