reinhard döhl | gedichte | schwarz auf ich weiß | 7 X 7 gedichte
liebesgedichte (2)

lehrgedicht über die liebe | so soll es sein daß wir uns lieben | die linie deines lächelns | deine küsse sind vögel | und es wird sein | fast sterblich | komm in die totgesagte stadt | auf der schallplatte | ich habe nur eine fotografie | erinnerung | am rande bemerke ich | wenn dein stichwort fällt | unser zimmer ist unser zimmer

lehrgedicht über liebe

weil wir nicht daran glauben
weil wird zu schnell sind
die hand zu geben
weil wir mit einem auge
schon wieder auf morgen schielen
und wir das andere
so schnell vergessen

darum ist liebe

wenn wir zum arzt gehen
weil wir das kind nicht wollen
oder um unsere lust
mit gift zu verlängern
wenn wir die augen schließen
über dem akt
und eine leinwand ziehen
vor unsere augen

darum ist liebe

und auch weil wir frieren
in unseren betten
nachts lange wach sind
weil wir uns fürchten
zu sagen du
bleibe bei mir
denn es will abend werden
und der tag hat sich geneigt

darum ist liebe

vor allem weil wir
wenn wir die augen offen behalten
weil wir uns fremd sind
jetzt und für die augenblickliche nacht
weil wir sagen könnten
daß wir uns lieben
weil wir dieses noch haben

darum ist liebe
 

so soll es sein daß wir uns lieben
ich muß um meine lieder aufzuschreiben
ganz tief in deinen händen schlafen
ratlos und werde rastlos bleiben
in deinen händen daß wir lieben
du kannst es wissen.
 

die linie deines lächelns
zieht sich durch meine augen.

deine lippen müssen ganz leicht
geöffnet gewesen sein
als du mich ansahst
schloß ich meine augen
sah dich und vergaß

du bist unnahbar.

ich war in deinen händen
war ich dir nah.
 

deine küsse sind vögel
auf meiner haut.
bewege ich mich
fliegen sie auf.

gestern abend verlor ich
den schlüssel ihrer lieder.

deine küsse sind vögel
auf meiner schulter
die schweigen.
 

und es wird sein
daß der regen
schnee wird, dann
weinst du

und es wird sein
daß du sagst
schlafe nicht du.

bald wird es sein
daß der vogel
nachts singt, dann
weinst du

und bald wird es sein
daß du sagst
bleibe bei mir.

dann wird es sein
daß der schnee
schwarz ist
und du weinst.

dann aber wird sein
daß du sagst
schlafe noch nicht.
 

fast sterblich
sind die augen des mädchens
die sand sind

ich baue darauf
und gehe
mit ihnen um zu bleiben

für den augenblick
habe ich nichts in händen

von anderen lippen
einst und noch später
reden wir leichthin
andere wörter.
 

komm in die totgesagte stadt
hinterlasse, was dich tröstet
trostlos ist die stadt und verlassen

niemand hält dich auf du mußt
deinen aufenthalt beschließen

insgeheim ist deine ankunft die
fenster sind erleuchtet von keiner wahrheit getäuscht
und leicht werden wir uns erfassen.
 

auf der schallplatte
die ich dir schenke
singt einer
ich warte auf dich.

die orchidee
auf deinem radio
ist käuflich.

du nimmst das parfum
das dich fremd macht
und läßt sich erkennen.

(auch sage ich dir
daß ich dich liebe).
 

ich habe nur eine fotografie
von dir und nurvierworte das
wasdunichtsagst telegramm
unserer liebe die du mir
aufgabst als wir kinder waren
wasdunichtsagst waren wir
zornig verstanden wenig worte
machten vieleworte um uns
wasdunichtsagst
ja duundich
wenn wir uns treffen
betroffen du und ich
daß du dann sagst
was du nicht sagtest.
 

erinnerung

daß wir uns wiedersehen
weiß ich und
daß wir es tun

erinnerung

daß kein spiegel im zimmer ist
daß deine augen keinen schatten werfen
daß deine lippen nicht geschminkt sind

erinnerung

daß ich das kind will
weiß ich und daß deine lippen
ganz leicht geöffnet sein werden.
 

am rande bemerke ich
daß ich bin.

den vögeln fallen steine zu
die ich werfe.

zahlen.

ich du er sie es wir
haben uns in des anderen hand gegeben.

vergib mich mir
daß ich denke
daß ich dich liebe.

ich du er sie es
gibt sich wir
geben uns jedes versprechen

am ende haben wir uns gegeben
in die hand des anderen.
 

wenn dein stichwort fällt
nimm es nicht auf.
fall aus der rolle.

du hast keinen auftritt mehr
und sagst die ungeschminkte wahrheit
wenn du jetzt gehst.

dann wirf auch deinen schatten fort
und deine kleider. du kannst
nie mehr spielen.

die tür ist geschlossen
ohnedies. fall ab
von der zeit.
 

unser zimmer ist unser zimmer
unser bett ist unser bett.
das bett ist gemacht.
der mond scheint.
es wird heller.

der schatten den ich werfe ist
der schatten in den du dich verbirgst.
der schatten den du birgst ist
der schatten den ich werfe.

es ist kalt und du wartest
aber ich komme nicht ich komme
aber es ist kalt und du wartest.

ein handtuch liegt auf dem stuhl.
es beginnt zu regnen.
gesagt ist getan.
worte die wir wechseln
gegen worte die wir nicht wechseln.

mein hunger ist nicht dein hunger und
meine armut ist nicht deine armut und
meine angst ist nicht deine angst aber
meine hoffnung ist keine hoffnung.

nicht daß wir keine liebe mehr hätten
die haben wir noch die liebe
und dann den tod.


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