Philipp Ulrich Schartenmayer
 
Wie Johann Georg Philipp Datpheus von Stuttgart den 29. September 1824 daselbst den Spinnhausaufseher Heinrich Gebhard Grempenfort ermordete und hierauf den 21. Februar 1825 hingerichtet wurde.
 
Was sich jüngst vor wenig Tagen
Hat in Stuttgart zugetragen
Tut euch, alt und jung, mein Mund
Zur Belehr- und Warnung kund.
 
Warum stehn so viele Leute
Auf der Feuerbacher Heide?
Seht! dort steht ein Blutgerüst:
Nimm ein Beispiel, guter Christ!
 
Fragt man, auf was Art und Weise
Steht das Volk umher im Kreise?
Anzusehen welch ein Werk
Wartet dort halb Württemberg?
 
Hört es, liebe Christenklinder!
Jetzo köpft man einen Sünder,
Welcher in dem Spinnhaus dort
Hat verübet schweren Mord.
 
Auf dem Stuhle angebunden
Wartet er auf Todeswunden
Neben ihm der Magistrat
Und Dekan zu Trost und Rat.
 
Dorten auch mit breitem Schwerte,
Ihn zu födern von der Erde
Angetan mit schwarzem Kleid
Steht der Richter längst bereit.
 
Alles stehet voll Begierde:
Wie es vor sich gehen würde.
Jetzo gibt man das Signal,
Und der Richter schwingt den Stahl.
 
Aber hört, wie seinen Willen
Nunmehr täte Gott erfüllen:
Zweimal schlug der Richter fehl,
Bis er traf Datphei Kehl.
 
Dreimal muß der Richter schlagen.
Warum? dies will ich euch sagen:
Dreimal hat der Mann den Tod
Schon verdient auf dem Schafott.
 
Zweimal ward er pardonieret,
Weil er schändlich desertieret.
Dreifach büßt er nun den Tod;
Also will's der liebe Gott.
 
Nunmehr laßt euch auch erzählen
Seine Thaten, seine Fehlen,
Und wie bis zum Blutgerüst
Es mit ihm gekommen ist.
 
Schon da er ans Licht gegangen,
Hat er einen Fehl begangen,
Denn es sollte schon nicht sein,
Weil er kam unehlich drein.
 
Gut doch ward er unterrichtet
Und sein Herz zu Gott gerichtet.
Band nach diesem kame er
Als ein Schneider in die Lehr.
 
Doch es flohe bald der Friede
Aus dem kindlichen Gemüte;
Er versäumte seine Pflicht,
Kannte keine Ordnung nicht.
 
Darum nun entlief er, leider!
Seinem Herrn, dem guten Schneider,
Ließ darauf sich werben an,
Und er ward ein Trommlersmann.
 
Doch es wollt' ihm nicht gefallen
Dort in der Kasernenhallen,
Und nach einer kurzen Zeit
Lief er fort von hier ins Weit'.
 
Er versuchte fremde Suppen
Bei den kaiserlichen Truppen.
Hier auch desertiert' er bald,
Denn er hatte keinen Halt.
 
Doch das alles herzusagen,
Was sich ferner zugetragen,
Stünde mir zu lange an,
Folgendes nur höret an.
 
Achtmal ist er desertieret,
Ward in Rom zum Tod geführet,
Zweimal hat verdienter Tod
Schon dem bösen Mann gedroht.
 
Zweimal kam aus mildem Munde
Ihm der Trost und frohe Kunde:
Daß statt seiner Taten Lohn
Ihm man schenke den Pardon.
 
Als man nun zum zweitenmale
Ihn befreit vom Todestahle,
Tat man für die Sünden sein
Sechs Jahr ihn im Asperg ein.
 
Wie die Frist war überstanden
Und er kam aus Kerkersbanden,
wollt' er schaffen um den Lohn,
doch man wies ihn ab mit Hohn.
 
Denn es ruht' im ganzen Lande
Auf dem Namen Datpheus Schande.
Und man gabe ihm hernach
In dem Spinnhaus Dach und Fach.
 
Hier führt' er ein schlechtes Leben,
War dem Spiel und Trunk ergeben,
Schlug gern drein und balgte sich,
Fluchte auch ganz fürchterlich.
 
Ob der kleinsten Bagatelle
Tobt' sein Herz wie eine Welle,
Und sein Sinn, so roh und toll,
War der Rachsucht übervoll.
 
Oftmals schon für Streitigkeiten
Mußt' er Kerkerstraf erleiden,
Doch auch dieses warnt' ihn nicht
Vor des Herren Strafgericht.
 
Doch es war im Spinnerhause
Viel Unreinlichkeit zu Hause;
Datpheus drang auf Reinlichkeit,
Dies zu sagen macht mir Freud.
 
Drum verlangt' er unverhohlen,
Daß man sollte Wasser holen,
Jeder zu der Putzerei,
Wenn an ihm die Reihe sei.
 
Einer seiner Kameraden
Namens Schreiber ließ erraten
Daß zu dieser Arebeit
Er mit nichten sei bereit.
 
Datpheus klagt dem Spinnhausvater:
"Grempenfort, du mein Berater,
Sag dem Schreiber nur geschwind,
Daß er plötzlich Wasser bringt."
 
Grempenfort nun sagt mit Lachen:
"Dieses sind nicht meine Sachen."
Wie er's sprach mit seiner Stimm,
Faßte Datpheus argen Grimm.
 
Wart! Ich will es dir schon sagen,
Daß du so verwirfst die Klagen!
Dachte er in seinem Sinn,
Dieses bracht' ihm nicht Gewinn.
 
Bald hierauf nach wenig Monden
Hat sich dieses vorgefunden,
Daß er einem Maurersknab'
Ungerechte Schläge gab.
 
Darauf ward er eingeschlossen,
Dieses hat ihn sehr verdrossen;
Daß er hatte Hausarrest,
Ist ihm unbequem gewest.
 
Und aus solcher kleinen Quelle
Floß nunmehr die Tat der Hölle.
Als er sahe Grempenfort,
Hat er ihn ermordet dort.
 
Denn als er in seine Stube
Kam, da griff der Höllenbube
Nach dem Messer mit der Hand
Auf dem Simsen an der Wand.
 
Rannt' auf ihn und warf ihn nieder,
Stieß es ihm in viele Glieder,
In den Hals zuletzt mit Grimm;
Da vergienge ihm die Stimm.
 
Er versetzt' ihm sieben Wunden,
Wie sich nachher hat gefunden;
Alsbald ward er arretiert
Und zum Kerker hingeführt.
 
Plötzlich hat es mir geschwanet,
Daß ich also hab ermahnet:
O, ihr Württemberger, glaubt,
Datpheus wird des Kopfs beraubt!
 
Also ist es nun geschehen,
Und der Richter in der Höhen
Hält nun selber sein Gericht
Über diesen Bösewicht.
 
Also muß der Frevler büßen,
Und die Straf folgt auf den Füßen.
Laßt euch dies zur Lehre sein,
O ihr Freunde, groß und klein!
 
Laßt dem Zorn das Herz nicht offen,
Sonst könnt ihr nicht Gnade hoffen;
Denn das Herz, das Rache hat,
Wird verführt zur bösen Tat.
 
Liebet alle eure Freunde,
Liebet selber eure Feinde!
Denn dem Richter in der Höh
Tut der Menschen Rache weh.
 
Wird euch nun dies Büchlein teuer,
Denket an den Schartenmeyer,
Denn er ist ja euer Freund,
Der er gut und christlich meint.




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