Leopold Marx | Psalm 137
 
 "...Und Zion blieb..."
(Psalm 137)


Dies ist das Lied des Heimwehs und der Leiden - 
zweitausend Jahre lebten wir davon: 
    Wir sassen an der Flut zu Babylon 
    um Zion weinend. Im Geäst der Weiden 
    spielten die Winde mit verstummter Harfen 
    zerrissnen Saiten. - "Singt, ihr Liedersänger, 
    von Zion singt!", so drängten unsre Dränger, 
    "singt weg das Weh, lacht doch, ihr Trauerlarven!" 

    DU! Deines Namens Preisung preiszugeben 
    der kalten Fremde.... Wenn ich Dein Vermächtnis 
    je fremder Lust zu opfern mich vermässe, 
    so bleib' am Gaumen diese Zunge kleben! 
    Eh' lösche dieser rechten Hand Gedächtnis, 
    Jerusalem, eh dass ich dein vergässe! 

 II 
Dies aber ist der Ohnmacht kraftlos Prahlen: 
    Edoms gedenke, wie er hetzte, trieb, 
    dass doch kein Stein nur auf dem andern blieb'! 
    Und Babel, die Verderberin, bezahlen, 
    bezahlen lass sie alle unsere Qualen, 
    ihr jung Gespross zerschmettre und zerstieb! 
Und doch, sie fielen, Volk um Volk, durchs Sieb. 
Das große Red hat sie zu Staub zermahlen. 

Nur wir und unser Leid sind unvernichtet, 
und Zion blieb, das ewige Versprechen, 
und neue Hoffnung türmt es neu zum Turm. 
Die Dränger drängen immer. Ihre Zechen 
zu fordern, ziemt nicht uns ... ER lohnt und richtet. 

Die alte Harfe braust im Morgensturm. 

[1918 / 1933]

Der hundertsiebenunddreißigste Lobgesang
Von David

An den Stromläufen Babylons, 
da saßen wir, und wir weinten, 
wenn wir Zions gedachten. 
An die Weiden dort hingen wir 
unser Saitengerät, 
denn Liedersang heischten 
dort von uns unsre Fänger, 
unsre Peiniger Lustbarkeit: 
"Von den Zionsliedern 
singet uns was!" 
- Wie dürften ein Lied für IHN 
auf fremder Erde wir singen! 
Vergäß ich, Jerusalem, dein, 
dann vergess' meine Rechte den Griff! 
Meine Zunge kleb mir am Gaumen, 
gäb ich auf mein Gedenken an dich, 
erhöbe ich nicht Jerusalem 
an den Anfang jeglicher Freude. 
Den Söhnen Edoms gedenke7 
0 Du, den Tag von Jerusalem, 
die dort sprachen: "Reißet nieder, 
reißt da nieder bis auf den Grund!" 
Tochter Babels, wenn einst du verheert wirst, 
wohl dem, der dir heimzahlen mag, 
der dir antut, was du uns angetan: 
wohl ihm, wenn er packt deine Kleinbrut 
und schmettert sie ans Gestein!

[60er / Anfang 70er Jahre]